*works
<<  >>
  PFERDEMIST VERBINDEN – 1 : 12 SINNE ( performance / 12 x 2020/21)


Eine Performance im Rahmen der 5. KloHäuschen Binnale an der Großmarkthalle München
Beginnend im Juli 2020 werden wir die Performance ein Jahr lang jedes Monat in variabler Form wiederholen/ fortführen.


Teil 1 von 12 am 11. Juli um 20 Uhr
Teil 2 von 12 am 09. August um 11 Uhr
Teil 3 von 12 am 24. September um 17:30 Uhr
Teil 4 von 12 am 25. Oktober um 17 Uhr
Teil 5 von 12 am 25. November um 16 Uhr
Teil 6 von 12 am 16. Dezember um 15 Uhr (in Einsiedl am Walchensee)
Teil 7 von 12 am 26. Januar 2021
Teil 8 von 12 am 28. Februar 2021 (Lido, Venedig)
Teil 9 von 12 am 08. März 2021 (Lido, Venedig)

 
Da die Veranstaltung im Freien stattfindet, können wir wetterbedingt die weiteren Termine nur zwei Tage vorher unter
http://www.toffaha.org/current.html> bekannt geben.


Die Gesamtdauer beträgt 48 Minuten, also 4 Minuten in jedem Monat.

 



Teil 6 von 12 am 16. Dezember  in Einsiedl am Walchensee
 

 
July August September October November December January February March
 




Einst sammelte Christoph Pferdeäpfel in eine Plastiktüte und brachte sie in sein Arbeitszimmer. In Kombination mit Bütten und den weissen Rückseiten von Fotografien machte er damit eine 32-teilige Bilderserie. Die Fotos entstanden 1988 auf einer Zugfahrt während einer Chinareise mit seiner krebskranken Mutter relativ kurz vor ihrem Tod.
Danach verblieb ein üppiger Rest der Pferdeäpfel in der Tüte, wurde zur Seite gelegt und vergessen. Immer wieder mal erinnerte sich Christoph, verschob es aber die Tüte zu öffnen und nachzusehen, was aus den Pferdemist zwischenzeitlich geworden ist. Sie einfach ungesehen entsorgen wollte er nicht. Monate später entschloss er sich schließlich dazu. Voll ekelbesetzter Erwartungen machte er sich daran. Als er sie öffnete stieg ihm, entgegen aller unappetitlichen Vorstellungen, ein intensiver Geruch von Heu, ein stark würziger Duft von frisch gemähter Wiese entgegen. Erwartet hatte er Maden, Würmer, Schimmel, Verwesung und Gestank. Stattdessen blickte er zu seiner großen Überraschung auf unversehrte, wohlriechende, saftig braune Bällchen.
Später erfuhr er, dass Pferdemist keimfrei, antiseptisch ist und früher zur Wundheilung verwendet wurde.

Als Rasha sieben Jahre alt war schickte ihre Mutter sie täglich zum einkaufen von Falafel, heissem Fladenbrot, Salat und Foul. Das sind Bohnen aus denen ein köstliches Frühstück bereitet wird. Sie fand das auf die Dauer sehr langweilig und begann weite Umwege in dem Kairoer Viertel zu gehen. Dabei stiess sie auf einen Laden an dem sie dann täglich vorbeiging. Der Besitzer war ein alter, etwas unheimlicher,  immer schlecht gelaunter Mann mit einem großen und langen Gesicht, einer dicken Brille und einer tiefen Stimme, mit der er viel schimpfte und fluchte. Besonders schimpfte er Kinder, die er von allen Menschen offensichtlich am wenigsten mochte. Im Laden trug er stets die gleiche schmutzige weisse Galabeya (traditionelles hemdartiges Gewand mit weiten Ärmeln und sehr weitem fast bis zum Boden reichenden Rockteil). Nur wenn er auf die Straße ging warf er eine blaue darüber. Der Laden war voll Regale, offiziell dem Verkauf von Gewürzen und Räucherwerk dienend. Hautpsächlich jedoch waren darin alle möglichen Utensilien für Magie und Zauberei.  Tote Schlangen und Skorpione, ein getrocknetes Chamäleon, Tierhäute, Kamelfett, Harze, Öle, Kräuter, verschiedene Erden, Wurzeln, gemahlene Knochen usw.
Zur Straße hin war der Eingang für Besucher durch eine Theke versperrt. Sie liess sich nach oben klappen, damit der Ladenbesitzer nach draussen konnte. Niemandem sonst war es jedoch erlaubt seinen Raum zu betreten. Vor dem Geschäft standen rechts und links des Einganges zwei Bänke auf denen hauptsächlich Frauen warteten bis sie an der Reihe waren. Sie traten dann zu ihm an den Tresen, erzählten ihm tuschelnd den Grund ihres Kommens und was er für sie durch Magie beinflussen oder hervorbringen solle. Die Unfruchtbarkeit des Mannes oder von ihr selbst auflösen. Dass sie, oder später die Tochter endlich einen Mann finde und heirate. Dass der Mann zu ihr zurückkehre. Jemanden bestrafen... Seinem Ruf nach betrieb er sowohl schwarze wie auch weisse Magie; allem Anschein nach war es allerdings mehr schwarze. Er war bekannt für seine Fähigkeiten und die Leute kamen von weit her.
Er hatte verschiedene Papiere, die er von Altpapierhändlern mit Eseln oder Holzschubkarren kaufte. Das waren beschriebene, nicht mehr gebrauchte Schulhefte. Muffig riechende, aussortierte behördliche Schriftstücke. Vergilbte Geschäftpapiere, Rechnungen, Kalkulationen und Zeitungen. Nachdem er das Anliegen seiner Kunden gehört hatte, verschwand er in die Dunkelheit des Ladens, ergriff eines oder mehrere von diesen Papieren, ging zu den verschieden Regalen und warf die für den Zauber nötigen Zutaten darauf. Dann wickelte er die Papiere schnell zusammen, sprach mit dem Rücken zum Eingang einige Formeln und reichte es der Wartenden draussen. Dazu gab er mit lebhafter Mimik, femininer Gebärde und auf einmal sehr hoher, beinahe weiblicher Stimme Anweisungen. Sie sollten das Gemisch in einem Glas mit Wasser verrühren und sieben Tage lang ins Mondlicht stellen. Danach sollten sie es trinken. Oder sie sollten ihren Körper damit waschen - aber nicht im Bad oder in der Toilette, sondern in einem sauberen, reinen Wohn- oder Schlafzimmer. Andere sollten täglich bestimmte Pflanzen mit dem Wasser giessen. Oder mitten in der Nacht an eine Kreuzung gehen und es dort ausschütten. Wieder andere sollten das von ihm zuvor mit roten magischen Zeichen versehene Päckchen in die Matratze einnähen oder es in ihrem Büstenhalter verstauen.
Rasha hatte Angst vor dem Mann und ging aus Furcht davor geschimpft zu werden immer langsam an dem Geschäft vorbei. Nur wenn er mit dem Rücken zur Straße seine Beschwörungen murmelte blieb sie kurz stehen. Dabei versuchte sie soviel wie möglich von dem was da vor sich ging zu verstehen. Wenn nur eine Kundin da war, sprachen der Hexer und sie in normaler Lautstärke. Wenn Mehrere aber warteten, flüsterten sie.
Trotz ihrer Furcht kam Rasha jeden Tag. Manchmal zweimal.
Auf der anderen Straßenseite war ebenfalls ein Magier. Dieser war ein freundlicher, herzlicher, allein sich auf Krankheiten konzentrierender Zauberheiler. Rasha mochte ihn gerne. Es war ihr aber verboten die große Straße zu überqueren, um zu ihm zu kommen.

Die Handlung wird im Freien stattfinden und so, dass der nötige Sicherheitsabstand eingehalten wird.

Ausgehend von den oben erzählten Geschichten agieren Rasha und Christoph parallel, unabhägig voneinander. Sie sind wie umeinander sich drehende Umlaufbahnen verbunden und doch für sich.

Die Gesamtdauer beträgt 48 Minuten, also 4 Minuten in jedem Monat.





 
datenschutz + impressum >>